21 Oktober 2011

Nscho-tschi stirbt


Nscho-tschi liegt darnieder, stirbt unendlich dekorativ und haucht effektvoll „Winnetou, mein Bruder, räche, räche mich“. So sehe ich es Bildgewaltig vor mir und die Trauer, die ich als Kind fühlte kommt mit aller Macht in mir hoch. Sie wird aber sofort abgelöst von Freude als ich tanzende Menschen in Wildwestkleidung umherwirbeln sehe, ihnen folgen verwegene Freibeuter die sich an einem Seil vom Schiff schwingen und das Herz schlägt schneller, gleich darauf schleichen düstere Gestalten in schwarz weiß durch die Prärie um sich ein Feuergefecht mit den Rothäuten zu liefern, die Angst kommt hoch und plötzlich wird das alles unterbrochen von einer traurigen Szene mit der Corbse Bride die mir die Tränen in die Augen treibt um gleich darauf wieder im wilden Westen zu landen wo fröhliche Menschen im Tanz umherwirbeln, mich belustigen um mich dem orientalischen Dieb zu übergeben der die Spannung hochtreibt, eine Liebesszene schließt sich an und weckt romantische Gefühle und im nächsten Augenblick bin ich erschüttert über … was auch immer folgt. 

Woher kommen all diese Bilder in meinem Kopf?


Das kann ich leicht erklären, ich hörte heute Nacht die 9. Sinfonie e-Moll op. 95 von Antonín Dvořák, sie wird auch die „Aus der Neuen Welt“ oder „Amerika Sinfonie“ genannt, weil sie von dem Amerika Aufenthalt Dvořák s stark geprägt sein soll. Und nicht zuletzt dieser Name und die Behauptung, diese Sinfonie wäre von Amerikanischen Volkstänzen geprägt (was er verneinte - aber wen interessiert schon, was ein Komponist behauptet) hat wohl dazu geführt, dass sie in unzähligen Filmen als Filmmusik ausgeschlachtet wurde. Schon die ersten Klänge sind mir so gut bekannt, sie begleiteten die Todesszene von Nscho-tschi auf meiner Europa Hörspielplatte mit einer Winnetou Geschichte, die ich als Kind hatte – und natürlich sah ich Winnetou und all die anderen immer so vor mir, wie sie in den Filmen der Zeit aussahen: Pierre Brice wird für mich immer Winnetou sein. 

Teile der Sinfonie stecken vermutlich in fast jedem Western aus dem letzten Jahrhundert. Wir alle kennen bestimmte Klangfolgen aus der Sinfonie und halten sie vermutlich für „die Musik des Westens“ - ja, genau so klingt der wilde Westen, so wie diese Sinfonie. So klingen auch viele Märchen aus dem Orient und auch Freibeuter klingen so und sogar Danny Elfman hat sich ganz offensichtlich bei der Filmmusik zu Corbse Bride für ein Stück durch diese Sinfonie inspirieren lassen, es ist so ähnlich, es scheint nur ein wenig umgeschrieben zu sein, aber es klingt fast gleich.... na lass dich da nicht erwischen lieber Danny.  

Bestimmt kennen ganz viele von euch diese Sinfonie nicht, ich habe sie neulich offen gestanden auch zum ersten Mal bewusst gehört und war sehr überrascht über diese ganzen Bilder die in meinem Kopf auftauchten und mit jedem Mal, die ich diese Sinfonie höre werden es mehr Bilder und fallen mir mehr alte Filme ein. Jedem über 40, der früher all die Filme sah, die ich hier erwähnte, sollte sich die CD kaufen und mal rein hören, es wird euch überraschen – und lasst euch nicht von den Amazonbewertungen irreführen, es mag ja sein, dass dieser Rafael Kubelik besser dirigierte und seine Version perfekter ist, kauft trotzdem den Karajan, denn wenn er dirigiert, dann klingt es schön angestaubt, galant, schwarz weiß und ein bisschen wie die gute alte Zeit.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen